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Kastration

Nur ein kleiner Schnitt für den Tierarzt, aber ein großer Schritt für uns!

Lange grübelte ich hin und her. Hatte unzählige Gespräche mit Tierärzten, Hundepsychologen, Hundetrainern und anderen Hundeeltern. Eigentlich wollte ich Ben diesen Schritt niemals antun. Doch nach und nach wurde Bens Hormonspiegel zum Horror, sowohl für Ben als auch für uns. Sobald wir das Haus verliesen, waren wir abgemeldet. Bens Nase klebte am Boden und aller 2 Schritte musste entweder markiert oder an etwas geleckt werden. Es musste nicht mal eine läufige Hündin vorher lang gelaufen sein, es reichte auch einfach nur eine Hündin. Er versuchte weiterhin alle Hunde zu besteigen mit denen wir uns zum Spielen trafen. Er wurde extrem dominant zu einfach allem. Er dachte immer, er würde über uns stehen und würde das Geschehen lenken. Sobald er einen anderen Hund an der Leine sah, ging der Leinenterror und das Gebelle los. Es nützte alles nichts mehr- Ben musste kastriert werden! Ich wollte mit Ben zwar nie züchten, mir tat dies trotzdem Leid um seine „Männlichkeit“. 

Beim Tierarzt legten wir den Termin auf den 06.12.2018 fest. Ja ihr lest richtig- zu Nikolaus!🤣 Allerdings wäre es an Ostern ironischer gewesen.😋


Am Tag der Kastration durfte Ben vorher nichts fressen. Das gefiel ihm bereits gar nicht. Ständig bettelte er. Gegen Mittag brachen wir zum Tierarzt auf. Ben hat keine Probleme mit dem Tierarzt. Er war also ganz entspannt und ahnte nichts böses. Zumindest wurde eine Routineuntersuchung gemacht um festzustellen, ob Ben überhaupt körperlich für seinen Eingriff in der Lage war. Dazu gehörten: Temperatur, Herzgeräusche, Schleimhäute, mögliche offene Wunden, Empfindlichkeit, Beweglichkeit... Es wurde zum Glück nichts festgestellt. Ben war topfit und damit bereit für die OP! Das Narkosemittel wurde ihm gespritzt und ich fing bereits an zu weinen. Ben versuchte in diesem Moment die Tränen weg zuschlabbern. Das fand ich so unglaublich berührend. 

Als das Narkosemittel in ihm war, sollten wir uns hinsetzen und warten bis Ben weg getreten war. Am Anfang war er noch total aufgeregt und ist hin und hergelaufen. Doch ganz schnell änderte sich dies. Auf einmal sah ich ihm an, dass er langsam müde wurde. Wie Ben aber ist, wollte er sich jedoch nicht hinsetzen. Ich sagte ihm er sollte Sitz machen und nach kurzer Zeit brachte ich ihn ins Platz. Nachdem ich es gesagt hatte, tat er es auch sofort. Seine Augen wurden langsam kleiner, aber ja den Kopf nicht hinlegen!🤣 Ich nahm meine Hand unter seinen Kopf. Er legte ihn ab und ich legte meine Hand langsam mit seinem Kopf auf den Boden. Er wollte immer noch meine Hand abschlecken und wollte mich immer sehen. Sobald ich mich kurz anders hinsetzen wollte, schaute er sofort obwohl er es kaum noch konnte. Die Tierärztin kam dann und holte ihn eingekuschelt in der Decke ab. Ich war natürlich die ganze Zeit total am weinen. Es ist zwar nur ein „Routineeingriff“ für die Tierärzte aber ich hatte solche Angst um meinen kleinen. Nichts desto trotz ist es eine richtige Narkose und diese bringt immer Gefahren mit sich. Ich sollte nach einer Stunde wieder kommen. Naja in der Realität war ich nach einer halben Stunde wieder da. Ich hatte nur Zuhause alles vorbereitet und bin gleich wieder hin. Ich musste allerdings noch eine Stunde warten bis jemand kam. In dieser Zeit war ich so zittrig und aufgeregt.

Dann kam die Helferin und sagte mir das alles super gelaufen sei und es Ben super ginge.

Ich ging in den Raum hinein und da lag er. Auf seiner Decke und noch total benommen. Als er mich sah, machte er ganz ganz grosse Augen und hob den Kopf. Ich werde diesen unglaublich schönen Anblick nie vergessen. Er hatte sich so gefreut mich wiederzusehen das er es mit aller Kraft ausdrücken wollte. 

Ich nahm ihn auf dem Arm. Die Tierärztin gab mir noch ein paar Tipps und Schmerztabletten und wir fuhren heim. Er lag die ganze Zeit in meinen Arm und hob nur ganz selten leicht den Kopf. Zuhause angekommen legte ich ihn neben mir auf die Couch. Ich verliess ihn nicht eine Sekunde also konnte er auch nicht runterfallen. Er konnte sich ein paar Stunden danach nicht bewegen. Ich habe ihn immer mal anders und in bequeme Plätze gelegt. Meist wollte er auf mir liegen. Am Abend als er wieder halbwegs stehen konnte, gingen wir das erste mal raus. Ich trug ihn bis draussen, setzte ihn ab und an Ort und Stelle pullerte er 😅. Ich trug ihn wieder rein und gab ihn ganz wenig Wasser. Die Nacht schlief er auch bei mir im Bett. Allerdings konnte ich kaum schlafen, weil ich immer nur nach ihm geschaut habe.

Am nächsten Tag war er wieder recht fit. Man merkte ihm natürlich an, dass er nicht ist wie sonst aber er konnte normal laufen, fressen, saufen und sich lösen. Er schien auch keine Schmerzen mehr zu haben, das winseln und jammern war weg. Natürlich gab es früh als Erstes die Schmerztablette.

Am 3. Tag ging ich mal kurz ins Bad und als ich wieder ging war auf einmal alles voller Blut.  Tatsächlich hatte er es geschafft irgendwie an die Wunde zu kommen, das Pflaster abzumachen und sich die Wunde aufzubeissen. Ich nehme mal an, dass es krabbelte, denn sonst war er topfit an Schmerzen kann es nicht gelegen haben. Hm da bekam ich leicht Panik- was nun?😂 Es war ja immerhin schon spät abends. Mein Freund fuhr 21.45 noch in den Supermarkt um Windeln zu kaufen. Natürlich kaufte er total die falsche Grösse 🤦🏼‍♀️. In der Zwischenzeit rief ich den Tierarzt an und beschrieb ihm die Wunde. Er meinte ich solle ruhig bleiben und am nächsten Tag in die Praxis kommen. 

Wir konnten es jedoch nicht bluten lassen. Ich machte ihm dann also ein neues Pflaster drauf, zog ihm eine alte Unterhose und ein altes Unterhemd von mir an. Das fand er natürlich gar nicht toll, aber da musste er nun durch 😁.

Am nächsten Tag reinigte der Tierarzt es nochmal und klebte ein neues Pflaster drauf. Glücklicherweise war die Wunde an sich schon zu, es war nur oben die Haut die quasi blutete, von daher nichts ernstes und es musste nicht nochmal genäht werden. Ich kaufte Pflaster auf dieser Rolle, die waren dafür perfekt geeignet. Das Pflaster ging nämlich leider immer ab und so konnte ich es selbst immer erneuern. 


Danach verlief alles glatt. Zu meinem Glück wollte er 2 Wochen lang nur noch kuscheln, kuscheln und achja kuscheln. Und eigentlich war er bis zu diesem Moment kein waaaahnsinns Kuschelhund gewesen. Immer nur mal am Abend oder mal kurz am Tag. Nun aber verfolgte er mich auf Schritt und Tritt. Der Kopf wurde immer direkt neben meinem gelegt und er musste mit dem gesamten Körper auf mir liegen, puh 😅.

Nach 2 Wochen etwa war er wieder ganz der Alte. Bis alles Testosteron aus seinem Körper entfernt ist, dauert es aber circa 4 Wochen. Die ersten Folgen merkten wir jedoch gleich. Kein Lecken mehr und nur noch einmal lange pullern und gut. Seine Dominanz war jedoch die gleiche wie immer leider. Wir haben Ben aber auch mit 2,5 Jahren recht spät kastrieren lassen. Angewohnheiten die er bis dahin hatte, hatte er danach weiterhin. Nur durch die Kastra würden diese nicht einfach verschwinden. Allerdings merkten wir gleich, dass er draussen uns endlich wieder kannte. Er schaute nach uns und hörte wieder. Somit war es natürlich einfacher geworden seine „Macken“ rauszubekommen. Seitdem klappt es auch immer besser mit der Leinenführigkeit. Vorher hat er sie nicht ein bisschen verstanden, obwohl er sonst super fix normale Tricks lernte. Seitdem sind wir kräftig jeden Tag am Üben und es klappt immer besser. Nur in neuen Umgebungen vergisst Ben immer noch seine Erziehung 🤣. Mit Hündinnen kann er endlich wieder schön spielen. Vorher dachte er ja nur an das Eine. Bei Rüden ist er immer noch etwas zwiegespalten. Wenn der andere Rüde ebenfalls sehr dominant ist, dann klappt es meistens nicht gut, denn Ben vergisst oft seine Grösse und will zeigen wer der Chef ist. 

3 Monate nach der OP sind wir in den Urlaub geflogen und Ben blieb abwechselnd bei den Schwiegereltern und bei meiner Mutti. Seitdem markiert er leider wieder öfters und findet auch andere Gerüche seeehr interessant. Glücklicherweise nicht so schlimm wie vorher aber trotzdem schade.



Nun, 8 Monate danach, muss ich sagen, dass sich kaum etwas verändert hat. Klar mir fallen Unterschiede auf. Andere Aussenstehende sehen die Veränderung gar nicht. 

Jeder Hund wird natürlich anders auf eine Kastration reagieren. Im Nachhinein würde ich es wohl nicht nochmal machen. 

Für Ben war es sicherlich am Anfang nicht einfach den Hormonumschwung hinzunehmen und nun ist fast alles wieder wie beim Alten. Er hört zwar deutlich besser und ist lebhafter draussen und kann mit anderen Hunden spielen, aber wie gesagt viele „Macken“ sind erhalten geblieben. 

Jeder muss diesen Schritt natürlich genau überlegen und sich fragen ob es wirklich wirklich notwendig ist. Wenn ihr solche Anzeichen wie bei Ben feststellt, dann versucht es am besten so schnell wie möglich mit einem Hormonchip. Umso früher, umso besser. 


Euer Ben & Eure Lauren 

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